Agnes Sofie Varisella: Bar Mleczny | Diplom

Bar Mleczny. Ein Ethnologe in der Milchbar.

»Gesellschaft als Tischgesellschaft zu denken heißt, die gesellschaftliche Realität durch das Essen zu begreifen. Zwar isst der Mensch nicht ununterbrochen, aber die vielfältigen Dinge, die für die Produktion, die Zubereitung und den Genuss von Essen unerlässlich sind, konstituieren ein beträchtliches Ausmaß der gesellschaftlichen Realität. Immer noch scheint es den meisten Menschen als ganz selbstverständlich, dass die Art und Weise, wie sie essen, keine wirkliche bedeutende Angelegenheit ist. Doch mit der unwichtigen Kleinigkeit des Essens werden auf eine untrennbare Weise ökonomische, politische, alltagskulturelle, diätetische und der gleichen gesellschaftliche relevante Dinge aufgetischt.«

Bar Mleczny, übersetzt Milchbar, ist eine Art Kantine, die zur Zeit des Kommunismus in Polen sehr verbreitet war und momentan immer mehr aus dem Stadtbild zurücktritt. Die Bar bietet eine preisgünstige, traditionelle, polnische Küche an. Ihre Speisen sind auf einer Pinnwand mit Magneten abgebildet, und man kann viertel, halbe oder wie üblich ganze Portionen bestellen. Im Speiseraum finden sich Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten wieder. Bankiers, die zu Mittag essen, Studenten, Dachdecker, ältere Herrschaften, wie auch Obdachlose, welche die übrig gebliebene Brotreste von der Tischkante zusammenschieben und aufnehmen. Man setzt sich an einen freien Platz, an einen Tisch, an dem bereits Menschen unabhängig von einander sitzen und speisen. Meine Beobachtungen ergaben, dass zwischen den am Tisch sitzenden Menschen keine Berührungsängste, aber auch wenig Kommunikation stattfindet. Es geht ums Essen.

Es ist ein Thema, das soziale und kulturelle Aspekte anspricht und typische Verhaltensmuster der Menschen in Polen wiedergibt. Zu untersuchen war eine Speise- und Denkkultur, die sich mit dem Fortschritt der Modernisierung verändert und in den nächsten Jahren abnimmt, bis sie vereinzelt noch gegenwärtig sein wird.

Die Umsetzung meines Themas erfolgt durch den Gebrauch unterschiedlicher Medien.

Der Fokus meiner Arbeit liegt auf dem Bild. Ich definiere es als das fotografische Bild, welches sich in zwei Bildstrecken unterteilt, Video als bewegtes Bild, welches auf einer Interventionen basiert, ethnologische Texte begleitend durch einen Kompendium als Printmedium. Das Format des Printmediums gliedert sich in vier unterschiedliche Formate und Formatgrößen. Die Wahl der unterschiedlichen Formate macht sich daran fest, dass ich bei den Bild- und Textstrecken bereits zu Beginn meiner Arbeit in unterschiedlichen Formaten gedacht habe und diese nicht in einem Buch zusammenführen wollte, denn dabei würden sich die Bildstrecken und die Textebene dem einen Format unterordnen müssen. Aus dem Verständnis heraus, sich diesem einen Format nicht anzupassen, folgte die ungekehrte Schlussfolgerung und somit passte sich das Format meinen Bildstrecken an. Daraus entstanden die vier unterschiedlichen Formate, die jedoch im Verhältnis zueinander stehen. Zudem erhält das Printmedium durch diese Formate eine Dreidimensionalität, geht somit in den Raum und beinhaltet einen Raum.

Mein Ausgangspunkt ist eine inhaltliche Auseinandersetzung in den Bereichen Design, Kunst und Kultur. Diesem wird eine visuelle und verbale Form gegeben, mit dem Ziel das Projekt in eine erlebbare Dramaturgie zu übersetzen. Die Auslegung meiner Arbeit überlasse ich jedoch der Vorstellungskraft des Betrachters.

Ich versuchte in meiner Arbeit Kunst und Kommunikationsdesign zu verbinden. Die Auslegung meiner Arbeit überlasse ich jedoch der Vorstellungskraft des Betrachters.

www.agnesvarisella.de 

You might like ...

David Zoubek’s photo series "A Country Called the Midwest" documents his impressions and personal experiences when he lived in what many Americans [...]

Sisterness is a photographic inquiry about identity and identification. Personality is constituted by a series of identifications. The first and most [...]

"If I’ve ever felt used by you photographing me... I had never even thought about that. And frankly, I got slightly offended by your question."